Lebensraum Totholz

Totholz steht am Anfang und Ende eines Baumlebens. Stirbt ein Baum, so zieht neues Leben hinein. Auf Totholz haben sich weit mehr als 1.400 Käferarten, 600 Großpilzarten, Flechten, Moose, Farne, Spinnen, Asseln, Nacktschnecken sowie zahlreiche Vögel, Säugetiere und Lurche spezialisiert.

In vom Schwarzspecht gezimmerten Großhöhlen leben als Folgemieter z. B. die Hohltaube, der Waldkauz, Star, Dohle und der große Abendsegler. Ausgefaulte Großhöhlen, Spalten und Astlöcher bieten Wildbienen, Hornissen, Baummardern und Siebenschläfern Brut-, Aufzucht- und Überwinterungsraum sowie Schutz vor Feinden.

In Totholzmassen naturbelassener Wälder sind große Nährstoffmengen gebunden, die durch die Zersetzertätigkeit unterschiedlicher Totholzbewohner und Pilze in den Waldboden zurückfließen.

Vorschläge für Totholzbiotope im Garten

Totholz im Garten zu dulden, setzt oft eine Änderung der Sehgewohnheiten voraus. Mancher muss erst lernen, dass die Schönheit natürlicher Prozesse nicht nur im Wachsen und Blühen, sondern auch im Welken und Vergehen zum Ausdruck kommt. Wenn wir darauf verzichten, alles scheinbar Unordentliche sofort wegzuräumen und unsere Augen aufmachen, werden wir mit kleinen Wundern belohnt.

Am besten ist es, absterbende und hohle Bäume möglichst lange an ihrem Standort zu erhalten.

Ein Reisighaufen erspart viele Fahrten zur Grüngutsammelstelle und damit Zeit und Geld! Er sollte in keinem Garten fehlen. Alles, was an grobem, organischem Material im Garten anfällt, kann dort eingebaut werden wie z. B. Wurzeln, Äste, Hecken- und Baumschnitt oder morsche unbehandelte Bretter. Vögel wie Rotkehlchen, Heckenbraunelle und Zaunkönig bauen gerne ihre Nester im Schutz des Reisighaufens.

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Um Amphibien und Reptilien (Molchen, Erdkröten, Blindschleichen oder Ringelnattern) Zugang in frostfreie Tiefen zu ermöglichen, wird in der künftigen Haufenmitte ein etwa 50 cm tiefes Loch in der Größe von etwa 1 m² ausgehoben. Es wird mit grobem Material so gefüllt, dass möglichst viele Hohlräume entstehen. Darauf schichtet man zunächst schnell verrottendes Material wie Pappel oder Weide. Auch Hackschnitzel vermischt mit Erde leiten den Verrottungsprozess bald ein. Obenauf wird gemischtes Material kreuz und quer mit möglichst vielen Hohlräumen geschichtet. Auf den Reisighaufen kann kontinuierlich frisches Totholz aufgelegt werden.

Für den gefüllten Totholzzaun werden im Abstand von etwa 1 m angespitzte Pfähle (am besten naturbelassen) 30 – 40 cm tief in den Boden geschlagen. Im Abstand von 20 – 30 cm wird parallel versetzt eine zweite Reihe von Pfählen eingeschlagen. Je nach Lust und anfallendem Material kann der Abstand der Reihen vergrößert werden; mit zunehmender Breite steigt der ökologische Wert. Der Raum zwischen den Pfählen wird mit Ästen, Zweigen, Schilf und Ähnlichem gefüllt. Mit zunehmender Verrottung sackt das Material und kann von oben nachgefüllt werden. Wenn ein Pfahl morsch geworden ist, schlägt man daneben einen neuen ein. Ein solcher Zaun eignet sich hervorragend als Sichtschutz. Davor kann in sonnigen Bereichen ein Magerbeet mit einheimischen Wildstauden angelegt werden.

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Die Idee zur Totholzpyramide stammt von dem deutschen Förster Ernst Tochtermann, der damit dem Hirschkäfer helfen wollte. Dabei werden 50-200 cm lange Stammabschnitte und dicke Äste von verschiedenen Laubholzarten eng gebündelt aufrecht in den Boden gestellt. Ein Drittel der Länge soll eingegraben werden. Aus Gründen der Stabilität stehen die längeren Stämme in der Mitte. Auf dem Boden des Lochs sorgt eine etwa 10 cm dicke Schicht aus Hackschnitzeln für gleichmäßige Feuchtigkeit.

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Die Benjeshecke ist eher für größere Gärten geeignet. Die Idee stammt von Hermann Benjes, der sein Grundstück anstatt mit einem Zaun mit einer Gestrüppwallhecke abgeschlossen hatte. Die Hecke kann in der Länge beliebig gewählt werden, in der Breite beansprucht sie gerne 3 m. Das Astwerk wird dabei mit der Schnittstelle unten und schräg nach innen gerichtet von beiden Seiten her aufgeschichtet. So hält die Konstruktion auch starkem Wind stand. Es entwickelt sich ein Totholzbiotop, in das die Vögel im Wege der Verdauung Kerne von Früchten einbringen. Daraus wächst im Laufe von Jahren eine natürliche Hecke, die Benjeshecke. Zahlreiche Säugetiere, Vögel und Käferarten finden dort Nahrung und Lebensraum.

Woher bekomme ich Material?

Über die Wintermonate finden überall Fällungen und Rückschnitte an Straßen, in Parks und auf privaten Grundstücken statt. Einfach fragen, ob man Äste nehmen darf! Zwischen 1. März und 30. September sind aus Rücksicht auf die brütenden Vögel Rodungen verboten.

Totholz-Werteskala

  • Laubholz ist artenreicher als Nadelholz, Buche und Eiche werden dabei am stärksten besiedelt
  • Starke Stämme sind wertvoller als Äste
  • Alte Bäume sind wertvoller als junge
  • Bruchstellen sind wertvoller als gerade Schnittstellen
  • Besonntes Totholz ist wertvoller als schattiges
  • Aufrecht stehendes Totholz ist wertvoller als liegendes
  • Totholz mit Rinde ist wertvoller als geschälte Stämme
  • Mulmhöhlen und besonntes Totholz im Baumkronenbereich beherbergen äußerst seltene Arten
  • Ganz generell: Vielfalt ist besser als Einfalt!

(nach Werner David, https://www.naturgartenfreude.de/totholz/im-garten/)

Einige geschützte Käfer, die sich unter der Rinde bzw. im Holz entwickeln

  • Plattkäfer (Scharlachkäfer): lebt unter der Rinde von morschen, pilzbefallenen Laubbäumen und liebt es feucht; stehendes und liegendes Totholz und Holzstubben bieten ihm Lebensraum.
  • Schnellkäfer: 170 Arten in Mitteleuropa; ein Jäger, seine Larve lebt im Bodenstreu und in faulen Stöcken zwischen Holz und Rinde
  • Alpenbock
  • Körnerbock: in alten absterbenden Laubbäumen und Stümpfen
  • Hirschkäfer: gefährdet durch Auffräsen von Stubben, die Larven leben im Mulm der Wurzelstöcke
  • Großer Goldkäfer: die Larven leben in Mulmhöhlen alter Eichen und anderer Laubbäume
  • Goldglänzender Rosenkäfer: die Larven leben in Mulm von Baumhöhlen und Holzhaufen und in Kompost mit Holzhäckseln.
  • Nashornkäfer: lebt in Reisigstreu, reifem Holz- oder Sägemehlkompost, Häckselgut.

Bienen und Ameisen – alle einheimischen Arten sind besonders geschützt!

  • Blaue Holzbiene: Brut in vorgefundenen oder selbst genagten Löchern in Totholz.
  • Hummeln: 30 heimische Arten, nisten in Höhlen aller Art, ober- und unterirdisch. Sammeln Nektar und Pollen.
  • Hornissen nisten in Hohlräumen aller Art; Gemischtköstler. Larven werden mit Insekten gefüttert.
  • Ameisen: Nester in hohlen Bäumen und Baumstümpfen. Alle sind geschützt.

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Literaturtipp:

  1. David, Lebensraum Totholz. Gestaltung und Naturschutz im Garten. Darmstadt 2010 (pala-Verlag, 16 €)

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